Freistatt
Die Diakonie Freistatt galt als eines der härtesten Kinderheime der deutschen Nachkriegsgeschichte. Wolfgang Rosenkötter war in den 60gern dort Heimkind. Die Züchtigungen die Arbeit im Moor und die soziale Kälte, die er in Freistatt erlebte, hatten drastische Auswirkungen auf sein Leben nach dem Heim. Wie hat das Heim das Leben seiner Bewohner geprägt?
Die Jugendlichen in Freistatt fuhren jeden Morgen zum Torf im Freistätter Moor. Die Füße immer im Wasser, auch im Winter. Die ersten drei Monate trugen sie Holzbotten, Stiefel aus Holz, so schwer, dass ans Weglaufen nicht zu denken war. Rosenkötter erinnert sich an die Fußlappen, die die Zehen und Fersen vor dem Holz schützen sollten. Blutige Füße habe er trotzdem jeden Abend gehabt. Erst im dritten Monat gab es Gummistiefel.
Das Büro des Hausvaters. Meterhohe Regale voller vergilbter Akten, ein schwerer Schreibtisch, alles Brauntöne. Wer hier rein musste, hatte ein Problem. "Ich kann mich noch genau an das dicke Gesicht des obersten Diakons erinnern”, sagt er. “Und besonders an die Reitgerte.”
“Hier mussten wir uns in einer Reihe aufstellen, für die Zahnpasta”, sagt er. “21, 22, 23¨, hat der Hausvater gezählt¨, damit jeder das Gleiche bekam. ”Totale Kontrolle. Doch wenn die Diakone den Raum verließen, war das kein Anlass zur Freude. Kollektivstrafen führten zu einer Spaltung der Jugendlichen, der Täter wurde im Nachhinein von der Gruppe bestraft.