Viola Priesemann/ Zeit Dossier
Die Physikerin Viola Priesemann durchdringt mit ihren Gleichungen die Pandemie. An der Politik verzweifelt sie manchmal. Sie ist fasziniert von komplexen Systemen. Also von allem und jedem, was aus einzelnen Teilen besteht, die sich gegenseitig beeinflussen und so dafür sorgen, dass das System als Ganzes genau das wird: komplex. Man kann es dann kaum noch in Worten beschreiben, man braucht eine andere Sprache. »Mathematik zwingt zu klarem Denken«, sagt Priesemann. Ihre Forschung ist eine Wette darauf, dass man den Rätseln dieser Welt mit Gleichungen auf die Spur kommen kann. Ein Land mit 83 Millionen Menschen, in dem sich ein Virus ausbreitet, ist ein sehr komplexes System. Zum Artikel von Malte Henk
Ein Virologe, der über ein Virus spricht, das er erforscht hat, besitzt eine natürliche Autorität. Jeder vernünftige Mensch wird eine Medizinerin ernst nehmen, wenn sie Neues über die Medikamente berichtet, die sie bei ihren Covid-Patienten einsetzt. Und eine theoretische Physikerin, die an einem Institut mit rätselhaftem Namen die Pandemie im Computer nachbaut?
Ihr Büro liegt auf einem Berg am Rand der Stadt, nebenan der Wald, das ist praktisch. Sie macht gern Spaziergänge in der Natur, allein oder mit ihren Forscherkollegen. Hat sie vor der Pandemie schon getan. Sie ist eine Frau auf der Suche nach Klarheit, wo Dinge kompliziert sind. Die Spaziergänge helfen beim Nachdenken, sagt sie.